Bezirksregierung
Arnsberg

Europäische Werte leben und lehren – Ein Rückblick auf die Konferenz in Weimar

Vom 7. bis 9. Mai 2025 versammelten sich in Weimar über 200 Pädagoginnen und Pädagogen aus mehr als 20 Ländern zur internationalen Konferenz Living and Teaching European Values Today. Veranstaltet vom Pädagogischen Austauschdienst (PAD), bot die Veranstaltung ein ebenso inhaltsreiches wie praxisorientiertes Programm zur Förderung europäischer Werte und demokratischer Bildung im Rahmen von Erasmus+.

Bildung als Antwort auf die Herausforderungen der Demokratie

Gernot Stiwitz, Direktor des PAD, eröffnete die Konferenz mit einem deutlichen Appell: „Demokratie ist bedroht – Lehrkräfte müssen auf antidemokratische Aussagen reagieren. Der Erasmus-Austausch ist essenziell, um kritisch und demokratisch in einer sich schnell verändernden Welt zu agieren.“ Vor dem Hintergrund von Desinformation, Polarisierung und internationalen Krisen diskutierten die Teilnehmenden, wie Bildungssysteme junge Menschen zur aktiven und informierten Teilhabe an der Demokratie befähigen können.

Keynotes

  • Prof. Dr. Rolf Gollob (Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften) betonte in Valuing Differences – A Journey to the Heart of Democracy die Stärke von Diversität und Pluralismus als Grundpfeiler demokratischer Gesellschaften.
  • Maja Zaubitzer, Vize-Generalsekretärin der Bundesschülerkonferenz, forderte in ihrer Perspektive auf internationale Schulpartnerschaften: „Uns Schülerinnen und Schülern geht es um echte Partizipation in Demokratischen Prozessen. Alle Schülerinnen und Schüler sollten unabhängig von Herkunft, Schulform oder Religion am Erasmus+ Programm zudem teilnehmen können.“

Lernen von gelungenen Projekten

Drei Projektbeispiele zeigten eindrucksvoll, wie europäische Werte in Schulen konkret umgesetzt werden:

  • Ludovic Cherel (Frankreich) präsentierte das Projekt History and Memory: From the Horrors of the Second World War to the Defence of Human Rights.
  • Daniel Szczygieł (Polen) stellte sein internationales Konferenzprojekt seiner Schule in Tomun vor.
  • Alessia Lazzari (Italien) präsentierte FROM SCHOOL TO EU, ein Projekt zur politischen Bildung und EU-Kompetenz.

Workshops: Demokratie praktisch erlebbar machen

In sechs interaktiven Workshops konnten die Teilnehmenden Methoden erproben, um demokratische Prinzipien und Medienkompetenz im Unterricht zu stärken. Eine Auswahl:

  • Experience Democracy mit Gelly Aroni und Rolf Gollob zeigte, wie Demokratie in der Schulpraxis erfahrbar wird – von kooperativen Spielen bis zu Menschenrechtsbildung.
  • Teaching Critical Thinking von Lie Detectors vermittelte journalistische Werkzeuge gegen Desinformation.
  • How to Teach Controversial Issues mit Britta Kornholt and Gitte Funch vom University College Copenhagen gab praxisnahe Ansätze zum Umgang mit polarisierenden Themen im Schulkontext.
  • Speak Up for Democracy“, Wisamar Bildungsgesellschaft, widmete sich populistischen Herausforderungen und argumentativer Handlungskompetenz.
  • Information Disorders (CLEMI/VIGINUM) beleuchtete digitale Manipulationsstrategien anhand von Podcasts für Schülerinnen und Schüler.
  • Counterspeech Against Right-Wing Extremism vermittelte mit dem Netzwerk für Demokratie und Courage konkrete Reaktionsstrategien im Umgang mit menschenfeindlichen Aussagen.
  • Roots, not Bridges (Dr. Alan Bern, OMA Weimar) lud zur Reflexion über kulturelle Gemeinsamkeiten als Grundlage interkulturellen Austauschs ein.

Innovative Projekte aus ganz Europa

Besondere Aufmerksamkeit erhielten die Etablierung neuer Schulpartnerschaften im Rahmen von Blended Mobility und eTwinning, mit konkreten Anbahnungen für Projekte ab dem Schuljahr 2025/26. Die Konferenz bot auch Raum für zahlreiche Projektpräsentationen, die verschiedene Aspekte der europäischen Werte und deren Vermittlung beleuchteten. Unter anderen seien genannt: 

Stärkung der Resilienz gegen Desinformation

Stefan Roth von der Bezirksregierung Arnsberg stellte in seinem Vortrag „Strengthening resilience against Disinformation“ die Herausforderungen dar, die mit der Vielzahl an Bildungsangeboten zur Förderung demokratischer Resilienz verbunden sind. Er betonte, dass es nicht nur um die Schaffung neuer Materialien geht, sondern vielmehr um die effektive Verbreitung bereits vorhandener Ressourcen. Roth präsentierte ein Lehrerfortbildungsmodul zum Thema „Fake News und Desinformation“ zur Verbreitung von vorhandenen Onlineressourcen zur Stärkung von Resilienz gegen Desinformation und ein informelles Netzwerk, das „Strategie-Café“, um die Zusammenarbeit zwischen Medienbildungsakteuren zu fördern und damit die Verbreitung gesamtgesellschaftlich erzeugter Ressourcen zu erhöhen. Diese Ansätze haben bereits hunderte von Menschen erreicht und vielversprechende Netzwerke für zukünftige Projekte identifiziert.

EU 4 U – Ein Projekt von Schulen der Brede

Stefanie Reichelt von den Schulen der Brede stellte das Projekt „EU 4 U“ vor, das von 2018 bis 2020 in Zusammenarbeit mit Schulen aus Griechenland, Polen und Rumänien durchgeführt wurde. Ziel war es, den Schülern ein praktisches Verständnis für die EU zu vermitteln und sie dazu zu ermutigen, über ihre Rolle in der Zukunft Europas nachzudenken. Durch verschiedene kollaborative Lernmethoden wie Jigsaw-Puzzle und Szenarioplanung wurde den Schülern die Vielfalt Europas nähergebracht.

Human Rights – Ein Erasmus+ Projekt

Agnieszka Organista von der Zespół Szkół Technicznych in Polen präsentierte das Erasmus+ Projekt „Human Rights“, das darauf abzielte, junge Menschen zu aktiven europäischen Bürgern zu ermutigen. Durch die Förderung von sozialem Engagement und demokratischer Teilhabe wurde das Bewusstsein für die europäische Identität gestärkt.

ACT4CONSENT – Ein Bildungsprojekt zur Aufklärung über Zustimmung

Anne Schulte vom Jugendförderverein Parchim/Lübz e.V. stellte das Projekt „ACT4CONSENT“ vor, das sich mit dem Thema Zustimmung in Beziehungen beschäftigt. Ziel ist es, das Bewusstsein für respektvolle Beziehungen zu schärfen und schädliche gesellschaftliche Normen zu hinterfragen. Das Projekt bietet Werkzeuge und Aktivitäten, um das Thema auf kreative Weise zu erkunden.

Nachhaltigkeit und europäische Identität

Ein weiterer wichtiger Aspekt der Konferenz war die Diskussion über Nachhaltigkeit und die Rolle der Jugend in der Gestaltung einer gemeinsamen europäischen Zukunft. Yana Tsykunkova aus der Ukraine präsentierte mehrere Projekte, die sich mit Nachhaltigkeit, kultureller Vielfalt und informeller Bildung durch Jugendmobilität beschäftigten. Diese Initiativen zeigen, wie europäische Werte durch praktische Erfahrungen und interkulturellen Austausch lebendig werden können.

Eu-e-inspé – Lehrerfortbildung in Frankreich

Ambre Majchrzak-Diruit von Réseau Canopé stellte das Jean Monnet Projekt „Eu-e-inspé“ vor, das drei Online-Selbstschulungskurse für Lehrkräfte entwickelt. Diese Kurse decken verschiedene Bildungsstufen ab und bieten spezifisches Fachwissen sowie praktische Unterrichtsszenarien. Zudem werden fünf Videos produziert, die Schülern im Alter von 6 bis 12 Jahren helfen sollen, ein Bewusstsein für ihre europäische Staatsbürgerschaft zu entwickeln.

Brücken bauen – Deutsch-Griechische Projekte

Dr. Doris Lax von der ADD präsentierte kreative Ansätze zur Auseinandersetzung mit den Verbrechen des Zweiten Weltkriegs. In gemeinsamen Projekten mit griechischen Schulen wurden Theateraufführungen und Gedenkstätten entwickelt, um das Bewusstsein für Menschenrechte und Demokratie zu fördern.

Wir sind Europa – Ein Projekt des Rottmayr-Gymnasiums

Thomas Stolz vom Rottmayr-Gymnasium stellte das Erasmus+ Projekt „We are Europe“ vor, bei dem Schüler die Bedeutung der EU in ihrem Alltag erforschten. Durch den Austausch mit einer schwedischen Partnerschule und die Entwicklung von Lehrmaterialien für jüngere Schüler wurde das Verständnis für europäische Werte gefördert.

Gemeinsam für ein besseres Europa

Sebastian Fasske von der Daniel Theyson IGS präsentierte das Erasmus+ Projekt „Act local".

Förderung der ökologischen Bürgerbildung

Alexis Severin vom französischen Bildungsministerium stellte ein Netzwerk vor, das Schulen dabei unterstützt, aktive Öko-Bürgerschaft zu lehren. Durch das Erasmus+-Programm sollen Lehrer ermutigt werden, sich an grünen Bildungsprojekten zu beteiligen und Schüler, die sich für ihre Gemeinschaft engagieren möchten, bestmöglich zu unterstützen. Diese Initiative zielt darauf ab, das Bewusstsein für ökologische Themen zu schärfen und Schüler zu aktiven Mitgestaltern ihrer Umwelt zu machen.

Europäische Dimension in der Lehrerausbildung

Daniela Braun von der Studienseminar Meppen präsentierte ein neues Zertifikat, das sich auf europäische Projektarbeit konzentriert. Lehramtsanwärter haben die Möglichkeit, Projekte im Ausland zu entwerfen und durchzuführen, wodurch sie wertvolle Erfahrungen sammeln, die sie in ihre zukünftigen Schulen einbringen können. Diese praxisnahe Ausbildung stärkt die europäische Dimension in der Lehrerbildung und fördert den Austausch zwischen den Ländern.

Medienkompetenz im digitalen Zeitalter

Maria Steger von EduNet Europe sprach über die Erasmus+ Teacher Academy SciLMi, die Lehrkräfte dabei unterstützt, Medien- und Informationskompetenz sowie kritisches Denken zu fördern. Angesichts der Herausforderungen durch Fehlinformationen ist es entscheidend, dass zukünftige Generationen zu verantwortungsbewussten, engagierten Bürgern ausgebildet werden. Die Academy bietet ein strukturiertes Rahmenwerk, um Lehrkräfte in diesen Kompetenzen zu schulen.

Partizipative Bildung für europäische Themen

Amanda Hersbøll von der Democracy in Europe Organisation stellte das PEACE-Projekt vor, das neue Lernmaterialien über die EU entwickelt. Durch partizipative Formate wie Rollenspiele und Debatten sollen Schüler für aktuelle Herausforderungen der EU sensibilisiert werden, darunter der Schutz europäischer Werte und der Klimawandel. Die enge Zusammenarbeit mit Lehrern aus verschiedenen Ländern gewährleistet die Relevanz und Umsetzbarkeit der Materialien.

Erinnern und Lernen aus der Geschichte

Dörte Metelmann und François Huguet berichteten über ihr gemeinsames Projekt „Les chemins de la mémoire“, das sich mit der Geschichte des Dritten Reichs auseinandersetzt. Durch Besuche von Gedenkstätten und die Auseinandersetzung mit Themen wie Indoctrination und Widerstand wurde das Bewusstsein für Toleranz und Demokratie geschärft. Solche Projekte sind entscheidend, um aus der Geschichte zu lernen und die Werte der europäischen Gemeinschaft zu stärken.

 

Kulturelles Rahmenprogramm: Geschichte erleben

Neben dem fachlichen Austausch bot die Konferenz auch ein vielfältiges kulturelles Programm. Teilnehmende konnten an Führungen durch die Gedenkstätte Buchenwald teilnehmen oder thematische Stadtrundgänge in Weimar besuchen, die sich mit jüdischem Leben und der Geschichte während des Nationalsozialismus beschäftigten. Diese Angebote ermöglichten eine vertiefte Auseinandersetzung mit der Geschichte und deren Bedeutung für die heutige Demokratiebildung. Das Musikalischen Rahmenprogramm gestaltete Dr. Alan Bern von der Other Music Academy in Weimar sowie ein beeindruckendes klassisches Streicher-Quartett, getragen von vier 11.-Klässlerinnen der Schloss Belvedere Music High School in Weimar.

 

Netzwerke stärken – Erasmus+ als Türöffner

Neben den thematischen Inputs bot die Konferenz auch Raum für Austausch und Vernetzung. In speziellen Networking-Sessions konnten neue Partnerschaften für Mobilitätsprojekte, Kooperationsvorhaben oder eTwinning-Initiativen insbesondere auch auf dem „Konferenz-Marktplatz“ angebahnt werden. Die Konferenz hat gezeigt, dass Bildung der Schlüssel zur Stärkung der europäischen Identität und zur Förderung einer aktiven, engagierten Bürgerschaft ist. Es liegt an uns, diese Werte zu leben und weiterzugeben.

 

Fazit: Bildung als Schlüssel zur europäischen Zukunft

Die Weimarer Konferenz Living and Teaching European Values Today hat eindrucksvoll gezeigt, wie Bildung demokratische Resilienz fördern kann. Sie machte Mut, sich dem wachsenden Druck auf demokratische Systeme mit Kompetenz, Kreativität und internationaler Solidarität entgegenzustellen – in Klassenzimmern ebenso wie auf europäischer Ebene. Die Konferenz ein Schritt in Richtung einer stärkeren Verankerung europäischer Werte in der Bildung. Die Beiträge der Bezirksregierung Arnsberg und anderer Institutionen verdeutlichten die Notwendigkeit, innovative Ansätze zur Förderung demokratischer Resilienz und zur Bekämpfung von Desinformation zu verbreiten. Durch den Austausch von Best Practices und die Zusammenarbeit über nationale Grenzen hinweg können wir eine positive Zukunft für Europa gestalten.

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