Bezirksregierung
Arnsberg
Ein Arzt untersucht mit Hilfe eines Stethoskops eine Seniorin mit Migrationshintergrund.

Medizinische Versorgung in den Unterbringungseinrichtungen

1. Filme über das Gesundheitswesen

Für zugewanderte Menschen ist das komplexe deutsche Gesundheitssystem oft schwer zu verstehen. Hierfür spielen neben Sprachbarrieren unter anderem ein häufig anderes Verständnis von Krankheit, Gesundheit und der Art der Versorgungs- und Hilfeangebote eine Rolle. Damit sich zugewanderte Menschen leichter über das Gesundheitswesen, medizinische Versorgung und Prävention informieren können, wurden im Rahmen eines vom Gesundheitsministerium geförderten Projekts sieben leicht verständliche Filme zu verschiedenen Themenbereichen erstellt.

Die Filme können auf der mehrsprachigen Internetseite www.drk-gesundheitsfilme.de sowohl angesehen, als auch kostenfrei heruntergeladen werden.

Alle Filme sind in Deutsch, Englisch, Französisch, Sorani (Kurdisch), Arabisch und Paschtu verfügbar.

Die Filme informieren zu den Themen:

  • Gesundheitssystem
  • Schwangerschaft und Geburt
  • Schutz vor Infektionen
  • Psychische Gesundheit
  • Kindergesundheit
  • Gesunde Zähne
  • Krebsvorsorge
  • Gesundheitsversorgung für neu angekommene Asylsuchende und
  • Suchthilfe.

2. Gesetzliche Grundlagen der medizinischen Versorgung

Gemäß § 62 Absatz 1 Asylgesetz sind Ausländer*inne, die in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen haben, verpflichtet, eine ärztliche Untersuchung auf übertragbare Krankheiten einschließlich einer Röntgenaufnahme der Atmungsorgane zu dulden. Den Umfang der zu duldenden Untersuchung hat das Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter mit seinen Bestimmungen vom 15. Dezember 2015 wie folgt konkretisiert:

Die Untersuchung umfasst:

  1. Wenn möglich, eine orientierende Anamnese/Impfausweiskontrolle,
  2. eine orientierende körperliche Inaugenscheinnahme (Krätze-, Milben- und Läusebefall eingeschlossen),
  3. bei Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet haben, eine Röntgenaufnahme der Atmungsorgane zur Untersuchung auf eine behandlungsbedürftige Tuberkulose,
  4. bei Kindern unter 15 Jahren und Schwangeren einen Interferon-Gamma-Test, bzw. bei Kindern unter 6 Jahren einen Tuberkulintest,
  5. ein Impfangebot (Angebotspflicht der Einrichtung), mindestens bestehend aus:
    • Für Kinder ab 2 Monate bis einschließlich 8 Monate:
      Tetanus, Diphtherie, Keuchhusten, Influenza (HiB), Polio, Hepatitis B;
    • für Kinder ab 9. Monate bis einschließlich 4 Jahre:
      Tetanus, Diphtherie, Keuchhusten, Influenza (HiB), Polio, Hepatitis B, Masern, Mumps, Röteln, Varizellen;
    • für Kinder ab 5 Jahre bis einschließlich 12 Jahre:
      Tetanus, Diphtherie, Keuchhusten, Polio, Masern, Mumps, Röteln, Varizellen;
    • für Kinder ab 13 Jahre und Erwachsene, die nach 1970 geboren sind:
      Tetanus, Diphtherie, Keuchhusten, Polio, Masern, Mumps, Röteln;
    • für Erwachsene, die vor 1970 geboren sind:
      Tetanus, Diphtherie, Keuchhusten, Polio
    • Zusätzliche Indikationsimpfung gegen Influenza für:
      Schwangere ab etwa der 20. Woche, Personen ab 60 Jahren und Kinder und Erwachsene mit chronischen Krankheiten
    • ggf. kann durch serologische Untersuchung festgestellt werden, ob eine Immunität gegen spezifische Erreger bereits vorliegt und eine Impfung somit nicht notwendig ist,
  6. weitere (serologische) Untersuchungen, soweit klinisch, anamnestisch oder epidemiologisch angezeigt,
  7. eine Stuhluntersuchung auf pathogene bakterielle Erreger und Parasiten soweit klinisch, anamnestisch oder epidemiologisch angezeigt.

 

Das Masernschutzgesetz, sieht seit dem 01. März 2020 eine Impfpflicht für die in den Unterbringungseinrichtungen des Landes untergebrachten Flüchtlinge, welche nach 1970 geborenen wurden, vor. Ebenfalls findet ein Test auf COVID-19 per Rachenabstrich nach Ankunft in einer Erstaufnahmeeinrichtung sowie vor einer kommunalen Zuweisung statt. Bei positivem Testergebnis erfolgt keine Zuweisung.

Die Einhaltung der Vorgaben des Gesetzes in den Landesunterbringungseinrichtungen wird sichergestellt.

Gemäß § 4 Asylbewerberleistungsgesetz haben Asylbewerber*innen einen Rechtsanspruch auf eine medizinische Grundversorgung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Hierzu zählen erforderliche Leistungen zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände einschließlich der Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln, Hilfe und Pflege für werdende Mütter und Wöchnerinnen, amtlich empfohlene Schutzimpfungen und medizinisch gebotene Vorsorgeuntersuchungen. Eine Versorgung mit Zahnersatz kann nur erfolgen, wenn dies aus medizinischen Gründen unaufschiebbar ist.

3. Abrechnung der ärztlichen Leistungen gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung

Die Abrechnung der Untersuchungen (Erstuntersuchung, Impfangebot und Röntgenuntersuchung) gemäß § 62. Abs. 1 AsylG erfolgt vom Arzt über landeseinheitliche Namenslisten, die von der Betreuungsleitung ausgefüllt und nachdem sie von der Verwaltung gegengezeichnet wurden, dem*der behandelnden Ärzt*in zur Abrechnung mit den Kassenärztlichen Vereinigungen ausgehändigt werden.

Sofern bei Kindern unter 15 Jahren und Schwangeren ein Interferon-Gamma-Test erbracht werden muss, stellt der*die untersuchende Ärzt*in einen Überweisungsschein aus und übersendet diesen mit dem Untersuchungsmaterial an ein zur vertragsärztlichen Tätigkeit zugelassenes Labor (Vertragsarzt oder Medizinisches Versorgungszentrum). Die Mitteilung über das Ergebnis dieser Untersuchung erfolgt an den*die überweisende*n Ärzt*in, welche die Aufnahmeeinrichtung (Einrichtungsleitung) informiert.

Bei der Abrechnung der kurativen Leistungen nach § 4 AsylbLG muss der*die Patient*in einen von der Einrichtungsleitung ausgestellten und unterschriebenen Behandlungsschein vorlegen. Auf diesem trägt der*die Ärzt*in die von ihm erbrachten Leistungen ein. Die kurativen Leistungen ergeben sich aus dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab für Ärzt*innen (EBM). Die erbrachten Leistungen (codiert durch EBM-Ziffern) trägt der*die Ärzt*in in den Behandlungsschein ein. Die Behandlungsscheine reicht der*die Ärzt*in dann zu den Abgabezeiten am Ende des Quartals bei der für sie*ihn zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung ein. Diese wiederum rechnet mit der jeweils örtlich zuständigen Bezirksregierung ab.

WICHTIG:

Voraussetzung für eine Behandlung nach § 4 AsylbLG ist in jedem Fall die Vorlage eines Krankenbehandlungsscheines durch den*die Patient*in.
Die ambulante Notfallversorgung in den Krankenhäusern wird von den Krankenhäusern über die kassenärztlichen Vereinigungen abgerechnet, soweit eine Abrechnungsermächtigung vorliegt. In allen anderen Fällen rechnet das Krankenhaus direkt mit der Bezirksregierung ab.

 

4. Stationäre Behandlung im Krankenhaus

Die Abrechnung stationärer Krankenhauskosten erfolgt nach vorheriger schriftlicher Genehmigung der Behandlung durch die örtlich zuständige Bezirksregierung.

Sofern Hilfsmittel im Rahmen des medizinisch notwendigen Entlassmanagements durch den*die Krankenhaushausärzt*in verordnet werden, werden diese Kosten durch die örtlich zuständige Bezirksregierung erstattet.

Laborkosten, die im Rahmen des stationären Krankenhausaufenthaltes anfallen, können nicht einzeln über die örtlich zuständige Bezirksregierung abgerechnet werden, da der stationäre Krankenhausfall mit der DRG Fallpauschale als Gesamtfall der örtlich zuständigen Bezirksregierung in Rechnung gestellt wird. Diese Kosten sind dem*der Auftraggeber*in in Rechnung zu stellen.

 

5. Verordnung von Arzneimitteln

Arznei- und Verbandmittel, die im Rahmen des Umfangs der ärztlichen Versorgung durch niedergelassene Vertragsärzte nach § 4 AsylbLG erfolgen, werden mit den (rosafarbenen) Kassenrezepten verordnet. Nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzt*innen stellen ein (blaues) Privatrezept aus. Hierbei gelten die gleichen Bestimmungen wie für die Ausstellung von Kassenrezepten (rosafarbene).

Auf allen Rezepten ist die für die jeweilige Unterbringungseinrichtung örtlich zuständige Bezirksregierung samt ihrer jeweiligen Kassennummer (diese ist auf dem Krankenbehandlungsschein aufgedruckt) zu vermerken, sowie das Feld „gebührenfrei“ zu kennzeichnen. Die Flüchtlinge sind von allen Zuzahlungen sowie Mehrbeträgen befreit. Für die Verordnung von Arzneimitteln gelten die gesetzlichen Vorschriften, die für die vertragsärztliche Versorgung gelten. Grundsätzlich sind nur Generika verordnungsfähig. Originalpräparate dürfen nur in begründeten Ausnahmefällen werden. Ausnahmefälle sind: Der*die Patient*in verträgt das Generika nicht (aut idem-Regelung) und es ist kein Generikum verfügbar.

Die Verordnung der benötigten Impfstoffe erfolgt vom Vertragsarzt als Sammelverordnung gemäß § 2 Abs. 2 Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV).

Die Abrechnung der Arzneimittel und Impfstoffe erfolgt über die Apothekenabrechnungszentren, im begründeten Ausnahmefall mit der örtlich zuständigen Bezirksregierung direkt.

 

6. Überweisung zur Fachärzten/Hilfsmittel

Überweisungen durch eine*n behandlungsberechtigte*n Vertragsärzt*in zur unbedingt erforderlichen Diagnostik oder Therapie sind möglich. Bei einem Ärzt*innenwechsel oder einer Überweisung zur Diagnostik und Therapie muss ein neuer Krankenbehandlungsschein und ein Überweisungsschein vorgelegt werden.

Ebenso dürfen Leistungen im Rahmen eines organisierten Notdienstes unter Vorlage des Krankenbehandlungsscheines (Vertrag GUGV Asyl KV/Land) erfolgen. Wurde eine Notdienstbehandlung ohne vorherige Vorlage eines Krankenbehandlungsscheins vorgenommen, muss der*die Asylbewerber*in den (angeforderten) Krankenbehandlungsscheinschein innerhalb von 20 Tagen nachreichen. Andernfalls ist der*die Ärzt*in zu einer Abrechnung nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) gegenüber der jeweils zuständigen Bezirksregierung (Kostenträgerin) berechtigt, soweit die Anforderung eines Krankenbehandlungsscheins bei der örtlich zuständigen Bezirksregierung (Dezernat 20 der jeweiligen Bezirksregierung) erfolglos war. Eine Zahlungsverpflichtung entfällt, wenn der Flüchtling dem Kostenträger/der jeweils zuständigen Bezirksregierung nicht zugewiesen wurde.

Heil- und Hilfsmittel werden nur nach vorheriger Kostenzusage durch die örtlich zuständige Bezirksregierung erstattet und richten sich nach den örtlichen / regionalen AOK-Sätzen.

 

7. Zahnärztliche Versorgung

Die zahnärztliche Versorgung beschränkt sich in der Regel auf eine Akutversorgung. Eine Versorgung mit Zahnersatz erfolgt nur aus medizinisch unaufschiebbaren Gründen. Die Abrechnung der zahnärztlichen Behandlung erfolgt mit der jeweils zuständigen Kassenzahnärztlichen Vereinigung.

Die Versorgung mit Zahnersatz kann nur erfolgen, wenn dies aus medizinischen Gründen unaufschiebbar ist.  Die Abrechnung von Zahnersatz erfolgt daher nur nach vorheriger schriftlicher Genehmigung durch die örtlich zuständige Bezirksregierung.